"Home, sweet Home?!" Ein Tanzprojekt mit Geflüchteten und Nicht-Geflüchteten
Die Europaschule Schulzentrum Utbremen startete im Juni 2015 den ersten Vorkurs für unbegleitete minderjährige Geflüchtete, mittlerweile gibt es dort einen eigenen Bildungsgang mit drei Vorkursen und zwei Berufsorientierungskursen. Viele der Schüler_innen leben in Übergangswohnheimen und betreuten Wohneinrichtungen und haben außerhalb der Schule wenig Möglichkeiten, Deutsch zu sprechen und in sich im direkten Austausch mit unserem Leben hier in Deutschland vertraut zu machen. Diese Separierung lässt sich auch im Schulalltag nur selten überwinden und so wurde die Idee geboren, mit Tanz und in körperlicher Bewegung gemeinsam mit Schüler_innen, die hier in Deutschland geboren sind, Zeit zu verbringen, gemeinsam an einem Projekt zu arbeiten, das vor allem mit dem körperlichen Ausdruck als "gemeinsame Sprache" arbeitet. Auch in der "deutschen Klasse" waren nur wenige Schüler_innen vollkommen ohne Migrationshintergrund, so dass die zentralen Fragen des Tanzprojektes, wie es ist, Heimat zu haben und Heimat zu verlieren, Heimat zu suchen und (vielleicht auch) wieder zu finden, für alle vertraute Erfahrungen thematisierte. Damit verbunden war natürlich die Hoffnung, dass es zwischen den Schüler_innen zu neuen Begegnungen, Bekanntschaften und vielleicht sogar Freundschaften kommen könnte. Das Tanztheaterprojekt wurde gemeinsam mit von deLoopers - dance2gether (http://www.de-loopers.eu) durchgeführt.
Am Anfang standen natürlich viele Fragen und Sorgen - von "Was soll das denn alles bringen?" und "Ich kenne die Anderen doch gar nicht" bis zu "Ich kann doch gar nicht tanzen". Einige kamen mit großer Skepsis, andere aber auch gespannt und neugierig zum ersten Probentag. Die ersten Eindrücke: "Das ist ja ein bisschen wie Sport" - "Man muss ja gar nichts können, es ist erst mal sehr leicht" - "Am Anfang war es etwas langweilig, weil ich nicht wusste, was das werden sollte" - "Das macht ja einfach Spaß, auch weil die Lehrer so humorvoll sind".
Von Tag zu Tag mischten sich die Schüler_innen der drei Klassen (es waren zwei Vorkursklassen beteiligt) immer mehr, das Aufwärmen, die Einübungen kleiner Choreographien und das gemeinsame Entwickeln eigener tänzerischer Bewegungsfolgen wurde mit wachsendem Engagement und Freude erarbeitet. Manchmal war es sehr ermüdend, immer wieder bestimmte Bewegungsfolgen zu üben, aber Stunde für Stunde wuchsen die vertrauten Gruppen zu einem Ensemble mit einem gemeinsamen Projekt, einem gemeinsamen Ziel zusammen. Tanz bringt in Bewegung, Schüchterne werden mutig, Laute auch mal ganz sanft und leise, immer neue Facetten der einzelnen Schüler_innen tauchen auf, die einen manchmal in sprachloses Erstaunen versetzen. Das Ergebnis werden die Schüler_innen auf dem Anti-Rassismus-Tag in der Europaschule Schulzentrum Utbremen am 7.2. präsentieren.
(Horst Wiese)
Foto: Frank Borowski