Weser Kurier, 18.2.2016 - Stadtteilkurier Vom Bio-Flummi bis zum Raketengleiter 250 Schüler und Schülerinnen beteiligen sich mit insgesamt 116 Projekten an „Jugend forscht"

VON LISA URLBAUER UND ISABEL D'HONE

Bremen. Winterjacken mit Felleinsatz sind eine beliebte Wahl in den Wintermonaten. Doch woher weiß man, was man da genau am Körper trägt? Dem Etikett könne man nicht immer trauen, sagt Schülerin Curley Sue Hohmann aus Woltmershausen und verweist auf Katzen- und Hundefell, importiert aus China, das als Kunstfell verkauft werde. Um bereits im Laden herauszufinden, was für Kleidung man sich kauft, hat die 18-jährige zusammen mit ihren beiden Mitschülern Sidney Schierloh (18) und Christoph Brinkema (19) für den Wettbewerb „Jugend forscht" ein Testkit entwickelt, um Echt- von Kunstfell zu unterscheiden. Die drei Schüler der Europaschule Utbremen haben eine chemische Lösung angerührt, die auf Kunstfell reagiert und sich verfärbt. Tests mit Hunde- oder Katzenfell sowie Menschenhaar zeigen hingegen keine Reaktion. „Die Lösung, die wir verwendet haben, ist unbedenklich. Sie beinhaltet keine Gefahrenstoffe" , sagt Curley Sue Hohmann. Sie hofft, man könne das Kit irgendwann kostengünstig im Einzelhandel erhalten.

Ihr „Jugend forscht"-Projekt haben die drei Anfang dieser Woche im Universum heim regionalen Vorentscheid „ Bremen-Mitte" vorgestellt - zusammen mit etwa 250 weiteren Schülerinnen und Schülern mit insgesamt 116 Projekten. Über einen ersten Preis konnten sich 54 Schülerinnen und Schüler aus 13 Schulen mit insgesamt 30 Projekten freuen, darunter auch die drei Schüler der Europaschule für ihr Fell-Testkit. Zusammen mit allen Gewinnern der Regionalwettbewerbe Bremen-Mitte, Bremen-Nord und Bremerhaven ziehen sie nun in den Landeswettbewerb ein.

„Neues kommt von Neugier" - so lautet das diesjährige Motto des Wettbewerbs, an dem Kinder und Jugendliche bis 21 Jahre teilnehmen können. Der Wettkampf der Nachwuchsforscher hat eine lange Tradition: In diesem Jahr ist es die 51. Runde. „ Bremen gehört zu den Bundesländern, in denen sich die meisten Schüler anmelden", sagt Stephan Leupold, Chemiker an der Uni Bremen und Leiter des Regionalwettbewerbs, über das Verhältnis zur gesamten Schülerzahl. „Die Freude der Kinder und Jugendlichen, ihre Arbeiten präsentieren zu können, spürt man sofort. " In sieben Themenbereichen können sie wissenschaftliche Arbeiten einreichen: Chemie, Physik, Biologie, Technik, Arbeitswelt, Geo- und Raumwissenschaft sowie Mathematik und Informatik. „Mädchen sind in allen Gebieten mit Projekten vertreten, nicht nur in typischen Bereichen wie der Biologie", sagt Stephan Leupold. Auch das Verhältnis zwischen Jungen und Mädchen sei in diesem Jahr fast ausgeglichen.

Die drei Schülerinnen Adina Kükelhahn (15), Janina Siemens (16) und Pia Sörensen (16) haben sich im Bereich Physik beworben.: Sie präsentieren eine innovative Handyladung. Die Idee dazu sei ihnen beim Camping gekommen, während es regnete. „Wir wollten uns das Wetter zunutze machen", sagt Pia Sörensen. Die drei Schülerinnen der Oberschule an der Ronzelenstraße in Horn wollen mithilfe eines Wasserrades  einen Akku aufladen. An ihrem Stand präsentieren sie ihren Versuchsaufbau und Schaubilder zu den physikalischen Effekten. Die Idee funktioniere aber nur bedingt: „Regen ist nicht stark genug, um das Rad anzutreiben. Aber ein gezielter Wasserstrahl funktioniert, um den Akku eines Handys aufzuladen," sagt Pia.

Im Bereich Physik macht auch der zwölf-jährige Philipp Graell Pflug von der Freien Evangelischen Bekenntnisschule mit - und gewinnt damit ebenfalls einen Preis. Bereits zum dritten Mal nimmt der Schüler aus Huchting an „Jugend forscht" teil. Im vergangenen Jahr erstellte er das Modell eines Windkanals, in diesem Jahr geht er noch einen Schritt weiter. Für sein Projekt „Raketengleiter" baute Philipp zu Hause einen Windkanal nach, um darin verschiedene Profile testen zu können. „ Noch gleitet mein Raketengleiter nicht, sondern stürzt ab, weil er zu viel Auftrieb hat," sagt der wettbewerbserfahrene Jungforscher, „aber ich werde es weiter versuchen."

Genau darin liege eine der Kernideen. von „Jugend forscht" , betont Stephan Leupold. „Es kommt beim Wettbewerb nicht darauf an, wie bei einer Klassenarbeit erlerntes Wissen wiederzugeben, sondern dass man sich eigenständig wissenschaftliches Handwerkszeug aneignet, um sein Forschungsprojekt erfolgreich zu bearbeiten. " Und dazu gehöre es dann auch, Ideen oder Hypothesen zu verwerfen und neue Ansätze zu versuchen.

„Wie stellt man den perfekten Flummi her?" Diese Frage haben sich die beiden 13-Jährigen Jurek Tanneberg und Luke Stadler sowie der Zwölfjährige Alexander Krechanow aus Utbremen vom Gymnasium Hamburger Straße gestellt. Wichtig war ihnen dabei: Er solle auch verträglich sein. „Wir wollten einen gesunden Flummi ohne chemische Zusatzmittel herstellen, da schon Kleinkinder mit Flummis spielen. Giftige Stoffe schaden ihnen am meisten", sagt Jurek Tanneberg. Für den Bio-Flummi haben sie Maiskeimöl und Speisestärke gemischt. Diese Mixtur füllten sie in einen Beutel, legten ihn in die Mikrowelle, formten aus der warmen Masse einen Ball und erhitzten ihn weitere fünf Minuten. Fertig ist der Flummi! Das Sprungergebnis ihres selbst hergestellte Flummis sei allerdings enttäuschend: „ Der gekaufte Flummi springt 101 Zentimeter hoch, unserer da-gegen nur 19 Zentimeter", sagt Alexander.

Auf Nachhaltigkeit setzen auch die bei-den 16-jährigen Schülerinnen Kira Githaka aus der Neustadt und Fatma Özyilmaz aus Gröpelingen - beide vom Alten Gymnasium. Die Zehntklässlerinnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, biologisch abbaubare Flip-Flops herzustellen. Einziges Problem dabei: „ Sie bestehen aus Kunststoff. Die Abbauzeit beträgt 450 Jahre, und wenn Kunststoff ins Meer gelangt, können Teilchen von einem Millimeter Größe durch Tiere nicht mehr von Plankton unterschieden werden. Sie fressen sie, und dann gelangt das Plastik auf unsere Teller", erläutert Kira Githaka. Dies könne bei Menschen zu Krebs führen. Den Kunststoff ersetzen die beiden Mädchen durch Hanf, der allerdings etwas streng riecht. Als Alternative haben sie andere Naturfasern wie Bast ausprobiert. Damit die Fasern im Laufe der Zeit nicht zusammenschrumpfen, haben die Schülerinnen sie auf Gummisohlen geklebt. Später möchten die beiden Medizin studieren und in die Forschung gehen.

Die drei 14-jährigen Schüler Abdulgani Yigin, Reynaldo Torres und Mesut Gonder von der Oberschule an der Koblenz er Straße in Tenever treten im Fachgebiet Technik an. Sie haben sich einen Airhockey-Tisch gebaut. Herzstück des Tischs ist das Luftkissen, das über einen Laubbläser betrieben wird. Daran haben die Jungen dann auch am meisten getüftelt: Ungeschützt sei ein Laubbläser zu laut und könne zu Hörschäden führen, erklären sie. Darum haben sie eine schalldichte Verkleidung gebaut. Beim Regionalentscheid gewinnen sie damit einen Sonderpreis.

Der Landeswettbewerb mit den Gewinnern der ersten Preise der drei Bremer Regionalwettbewerbe wird am 3. und 4. März im Musicaltheater ausgetragen. Eigentlich gewinne aber jede und jeder bei „Jugend forscht", sagt Stephan Leupold. „Alle Teilnehmer bekommen einen guten Einblick darin, wie wissenschaftliches Arbeiten funktioniert."

Die Gewinner des Regionalentscheids Bremen-Mitte präsentieren ihre Projekte auch beim Landeswettbewerb im Musicaltheater, Richtweg 7. Am Freitag, 4. März, werden die Projekte von 13 bis 15 Uhr öffentlich vorgestellt.